Die Lebens- ("Leidens-) Geschichte der Brunnenanlage an der Heinrich-Böll-Gesamtschule im Dortmunder Stadtteil Lütgendortmund und sein Wandel in ein Paradies für Heimische Insekten.
Auf dem vorderen Schulhof der Heinrich-Böll-Gesamtschule, befand sich seit den 80er Jahren, inmitten des Haupteinganges eine Wasserschnecke mit einem integrierten Betonbachlauf, welcher die Schülerinnen und Schüler, tagtäglich zum Unterrichtsbeginn begrüßen sollte. Im Jahr 2007 musste der Brunnen, aufgrund von überhöhten Wasserverlust, resultierend durch eine immense Anzahl an Schäden, zu besagten Zeitpunkt stillgelegt werden. Im Jahr 2010 wurden vermehrt notdürftige Reparaturen zur Vermeidung von Unfällen durchgeführt, bis schließlich im Jahr 2013 bereits von einem "Gefahrenbereich" gesprochen wurde. Schlussfolgernd wurde die Brunnenschnecke, im selbigem Jahr, aufgrund ihrer erhöhten Unfallgefahr mit Bauzäunen abgesperrt. Der Tiefpunkt war erreicht!
Die Heinrich-Böll-Gesamtschule hat den Anspruch, eine lebendige Schule für alle zu sein, in der die Freude am lernen im Mittelpunkt steht.
Doch leider trübte das negative Erscheinungsbild das Motto der Schule über 10 Jahre! Ganze Jahrgänge verließen die Schule, ohne das sich am tristen Anblick des Schulhofes etwas gewandelt hat.
Ein neuer Abschnitt beginnt
Die Aus- Fortbildungsabteilung des Grünflächenamtes der Stadt Dortmund, erarbeitete zu beginn des vergangenen Jahres, "Hand in Hand" in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Gesamtschule ein komplett neues Konzept, um diesen ca. 700m² großen, sowie zugleich unansehnlichen Bereich des Schulareals im wahrsten Sinne "aufblühen" zulassen. Beide Kooperationspartner tauschten "Nach und nach" ihre Ideen aus, woraus ein spürbar einzigartiges Projekt entstehen sollte, welches die Nutzung als Schulhof, sowie die Förderung der Heimischen Biodiversität miteinander in Verbindung bringen sollte.
Ein neues Konzept und der Weg, zu einen nachhaltigen, farbenfrohen Schulhof
Es wurde beabsichtigt, dass die Kernelemente aus Wasserschnecke und Bachlauf, weiterhin die Gestalterischen Säulen der zukünftigen Neuausrichtung bilden sollten. Baulich sollten nun 80% des ehemaligen Bachlaufes entsiegelt und durch großangelegte Vegetationsflächen in Szene gesetzt werden. Die neuen Vegetationsflächen, besonders im südlichen Bereich des auslaufenden Bachlaufes, sollten nun mit heimischen Wildstauden wie bespw. Achillea oder Lythrum versehen werde. Hierbei wurde berücksichtigt, das auf ein ausreichendes Blühangebot geachtet wurde, welches Wildbienen, sowie andere Insektenarten vom Frühjahr bis zum Herbst mit einen ausreichend Nahrungspflanzen versorgen sollte. Gemeinsam mit der Technik AG der Heinrich-Böll-Gesamtschule ist beabsichtigt, ein großes artgerechtes Insektenhotel in die Wildstaudenfläche zu integrieren. Diese wird mittig, entlang der einfriedenden Hecke aus Weißdorn platziert. Auf der Rückseite des Hotels, soll ein Informationsschild auf die "Lebens- ("Leidens-) Geschichte" der Brunnenanlage hindeuten.
Ein schön geschwungener Weg, inmitten des ehemaligen Bachlaufes soll als Abgrenzung zwischen dem südlichen Wildstaudenbeet und dem neuen trockenen Flussbett dienen. Dieser soll aus Ruhrsandsteinpalisaden sowie einer äußerst aufwendigen Sandsteindeckschicht im form von Polygonalplatten errichtet werden. Die Aufenthaltsqualität für die Schülerinnen und Schüler, sollte durch Natursteintreppen, sowie Podeste zum Entspannen und Verweilen erweitert werden. Seitlich des alten Bachlaufes ist beabsichtigt, das Höhenniveau durch massive nordische Findlinge abzufangen, zu terrassieren und auszugleichen. Hierbei sollte ein großes längliches Podest aus Naturstein errichtet werden, welches mit zwei weiteren Treppenanlagen kombiniert werden soll.
Durch das Abfangen durch große Natursteinfindlinge in sonniger Lage, soll ein weiterer ökologischer Mehrwert entstehen. Aufgrund ihrer Beschaffenheit und der damit resultierenden wärmeabgebenden Wirkung, sind sie der perfekte Wärmespeicher und insbesondere für Insekten interessant, welches sich an warmen Oberflächen wärmen können. Auch die zum Teil mit Rheinkies gefüllten Zwischenräume der steinernen Bruchmauer, können als neuer Lebensraum für verschiedenste Entwicklungsstadien unterschiedlichster Insekten dienen.
Das ehemalige Bachlaufbett aus Beton, soll vollständig entkernt werden. Durch Findlinge soll die seitliche Eingrenzung für den neuen trockengelegten Bachlauf gestaltet und in vier abfallenden Etagen gegliedert werden. In den Randbereichen des Bettes, sollen große Gruppen aus Bienenfreundliche Stauden, wie bspw. Perovskia oder Agastache gepflanzt werden. Durch die Verwendung von Rheinkies als Mineralmulchschicht inmitten des trocken Bachlaufs, soll ein naturnaher Kiesgarten entstehen. Auf den Einsatz von Folie soll vollumfänglich verzichtet werden, sodass anfallendes Wasser in den Boden versickern und die Stauden an ihrem Standort problemlos, sowie ausgiebig gedeihen können. Hierdurch bleibt der Charme eines natürlichen Bachlaufes weiterbestehen und erinnert an den alten brachialen Betonwasserlauf (siehe beigefügtes Bildmaterial).
Die freien Vegetationsflächen zwischen dem neuen Bachlauf und dem Plateau, sollen "weitreichend" mit Geranium gestaltet werden, da Nektar, sowie Pollen meist einfach für Insekten erreichbar ist. Drei zusätzliche Felsenbirnen der Sorte "Robin Hill", sowie hunderte Heckenpflanzen aus Weiß-, sowie Feuerdorn, sollen zukünftig für Insekten und Vogelarten als Nährgehölz, sowie als neues Habitat dienen. Um holzliebende Wildbienen ein neues zuhause zu bieten, werden vereinzelt Totholzhaufen aus Stammholz heimischer Bäume in den Bachlauf integriert.
Abschließend war es der Schule ein großes Anliegen, das ihr Wahrzeichen im neuen Glanz erstrahlen soll. Die alte Wasserschnecke soll vollumfänglich beseitigt und durch eine neue ersetzt werden. Bei der Ausrichtung der zukünftigen Wasserführung wird darauf geachtet, das durch herausstehende Natursteine, sowie eine baulich flache Neigung den Bienen einen seichten Übergang und guten Halt am Wasserrand ermöglicht wird.
Bauausführung bis zum aktuellen Zeitpunkt - Stand.: 17.07.2024
Insgesamt wurde seit Baubeginn am 20.06.2023 über 130 to. Bauschutt, Fundament-, sowie Vegetationsrückstände beseitigt. Zeitgleich wurden über 84 to. frischer Oberboden im Bereich des ehemaligen Betonbachlaufes eingebaut. Ein Großteil aller baulichen Materialien, wurde innerhalb der Maßnahme wiederverwendet. Gepflanzt wurden bis zum o.g. Zeitpunkt bis zu hundert Heckenpflanzen, über tausend Stauden, sowie insgesamt 5 Großsträucher.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt, wurden einschließlich aller Arbeiten, diese von Auszubildenden des Grünflächenamtes durchgeführt. Die jungen Menschen haben einen hohen Anspruche an ihrer Arbeit und nutzen dieses umfangreiche Projekt, um mit viel Engagement zu lernen und ihre Fertigkeiten zu schärfen.
Standort
44388 DortmundVorher- & Nachher-Bilder
Heimische Pflanzen
Pflanzliste
Verwendete Pflanzen im Überblick:
Verwendete Heimische Wildstaudenarten (Breitengrad bis Mitteleuropa):
Vorrangige Verwendung im südl. Bereich: “Auslauf Bachlauf”
Achillea milefolium – Wiesen-Schafgabe
Artemisia pontica – Römischr Wermut
Echium vulgare – Gewöhnlicher Natternkopf
Hyssop officinalis – Blauer Ysop
Iris sibirica – Wiesen-Iris
Lythrum salicaria – Blut-Weiderich
Geranium sanguineum – Blut-Storchschnabel
Div. Staudenarten:
Vorrangige Verwendung im trockenen Bachlauf und Rand Bereiche:
Caryopteris x clandonensis – Bartblume
Bistorta amplexicaulis ´Atropurpureum´ – Kerzenknöterich
Phlomis tuberosa – Knollen-Brandkraut
Phlomis russeliana – Russel-Brandkraut
Agastache rugosa ´Blue Spire´ – Blauraute
Geranium x cantabrigense ´Biokovo´ – Storchschnabel
Ziergräser:
Panicum virgatum ´Nortwind´ – Riesenrutenhirse
Stipa calamagrostis ´Algäu´ – Silberährengras
Hecken:
Crataegus monogyna – Eingriffeliger Weißdorn
Pyrocantha ´Praecox´ – Feuerdorn
Bäume:
Amelanchier arborea ´Robin Hill´ – Felsenbirne
Gartenstrukturen
Aktionsbilder & Infoarbeit
Jubelbilder
Fläche
700 m²
Anzahl der Projektbeteiligten
30