Pflanzwettbewerb
„Wir tun was für Bienen!“
Bepflanzte Fläche: 839.840 m²

 

Vor dem Eingang des Dortmunder Süd-West-Friedhofs befindet sich, umgeben von Straßen, eine Grünfläche in einer Insellage, die durch den Bau von Parkplätzen leider stark verkleinert wurde. Neben der Fällung von Bäumen wurde leider auch ein großer Teil der noch übrig gebliebenen Grünfläche durch die Baumaßnahmen stark beeinträchtigt. Eine örtliche Fahrradgruppe fasste das Ganze mal unter „Parken statt Park“ zusammen. Nach den Umbaumaßnahmen 2021 tat sich erst mal nicht viel auf der Fläche. Die Parkplätze waren fertig, aber Teile der „Grünfläche“ war nicht mehr grün. Das zog sich bis Mitte 2022. In dieser Zeit hatte sich ein guter Kontakt zum neuen Dortmunder Grünflächenamt entwickelt, das mittlerweile zunehmend die biologische Vielfalt auf den städtischen Grünflächen fördert.

 

So erkundigte ich mich beim zuständigen Ansprechpartner nach einer Patenschaft für die damals nicht mehr ganz so grüne Insel vor dem Friedhof. Hier erkannte ich ein recht gutes Potential für ein kleines innerstädtisches Biotop in einem Wohngebiet mit zwar recht vielen Straßenbäumen und Hinterhofgärten, aber leider auch einer zunehmenden Flächenversiegelung. Die Insel ist gekennzeichnet durch einen alten Baumbestand (3 alte Linden, Eibe u.a.) im nördlichen Teil, dort findet sich auch Efeu als Bodendecker. Dieser Teil muss eigentlich kaum bearbeitet werden. Im mittleren Teil befand sich Mitte 2022 fast völlig unbewachsener und zudem stark verdichteter Boden, da dieser Teil zeitweise als Parkplatz zweckentfremdet wurde. Im südlichen Teil entwickelte sich aber schon wieder eine spontane Begrünung durch verschiedenste Pflanzen, die sich dort zum Teil selber angesiedelt haben. Zum Teil waren es wohl auch Pflanzen von früheren Saataktionen, die ich schon mal im Frühjahr 2022 angetestet hatte.

 

Nach der Zusage der Baumscheibenpatenschaft für mich und meine Freundin Petra konnte dann Anfang Juli 2022 losgelegt werden. Der nette Kollege vom Grünflächenamt brachte mir damals als Grundstock über 30 vorwiegend heimische Stauden und Kräuter mit, die er vorgezogen hatte und die wir damals gemeinsam gesetzt haben. Ganz ganz wichtig: Es wurden auch sofort große Ruhrsandsteine geliefert, um das Parken auf der Fläche zu verhindern.

 

Leider waren die ersten Monate sehr schwierig, da weitere neue Pflanzen (aus dem Gartenhandel oder von netten Leuten, die wir bei den Gartenarbeiten kennen gelernt haben und die mir Pflanzen mitgebracht haben) und Aussaaten sehr intensiv gegossen werden mussten. Der letzte Sommer war ja sehr heiß und viel zu trocken. Zudem ist die mittlere, nur teilweise beschattete Fläche unter den alten Bäumen sehr trocken, da die Linden sehr viel Wasser ziehen und durch das Laubdach weniger Regen den Boden erreicht. Nach Auflockerungen mit Spitzhacke und Spaten wurde erstmal Leinen und Senf gesät, um den Boden aufzulockern und damit schnell mal was blüht. Klappte auch ganz gut und wurde von den Insekten gut angenommen. Der südliche Teil entwickelte sich derweil fast von selbst, zusätzlich zu den dort gesetzten Pflanzen und Aussaaten. Dort musste auch kaum gegossen werden. Etwas ungünstig war gerade zu Beginn der Arbeiten, dass das Beet wohl „traditionell“ als Hundeklo und als Abkürzung von Fußgängern genutzt wurde. Das hat sich mittlerweile doch sehr geändert. Leider ein Dauerthema ist die Müllentsorgung, hier kann jede Woche mindestens ein 10-Liter-Eimer mit Altglas, Einwegbecher etc. entsorgt werden.

 

Anfangs noch ohne großen Plan und eigentlich ein wenig naiv losgelegt (die Größe der Fläche wurde doch ein wenig unterschätzt), entwickelte sich beim Tun so langsam die Idee, dort eine möglichst reiche Struktur zu schaffen. Wie sagte der Kollege vom Grünflächenamt damals so schön „Da geht noch mehr“. Recht hatte er und durch ein längeres Studium von Informationen zu dem Thema (YouTube, Vorträge, Bücher, Beiträge etc. ) in der Coronazeit war das theoretische Grundwissen vorhanden, musste aber nun noch in die Praxis übersetzt werden (wir waren ja damals noch ziemliche Anfänger in Sachen „geplanter Wildnis“). Und das bedeutete die Anlage bzw. Schaffung von:

Strukturen:

2 größere und mehrere kleine Totholzhaufen in verschiedenen Bereichen (Sonne u. Schatten)

1 Benjeshecke

1 Steinhaufen mit Hohlräumen

2 kleine Käferkeller

Mehrere Hohlraum-Nisthilfen für Wildbienen (Bohrungen in mehreren alten Baumholzstämmen

Mehrere Lehmwände in verschiedenen Hohlkörpern / Tonsteinen etc. für Wildbienen

1 großes Sandarium, 1 Lehmhaufen und 2 Hügel für bodennistende Insekten

6 Nistkästen für Vögel etc.(Meisenkästen, mit versch. Lochdurchmesser u. Spechtschutz)

2 Wasserschalen für Vögel, Insekten etc. (erhöht und am Boden)

1 Fledermauskasten für kleine Arten

1 großer alter Baumstumpf einer Birke

Mehrere kleinere Baumstümpfe in verschiedenen Bereichen (Sonne und Schatten)

3 Kalkmagerbeete (mit Sand und Muschelkalk gemischt)

3 Tontöpfe mit Stroh / Heu für Ohrenkneifer (aufgehängt bzw. aufgestellt)

2 kleine Komposthaufen für anfallenden Grünschnitt (vor allem als Lebensraum für Insekten

1 Igel-Haus

1 improvisiertes Nest / Halbhöhle für z.B. Rotkehlchen

1 alte Steingutkugel als mögliches Nest für Vögel, Hummeln

2 kleine Wasserschalen für Wasserpflanzen

1 Schale und 1Vertiefung als wechselfeuchte Fläche, die auch mal austrocknen darf und soll

2 Regenmessbecher (sehr hilfreich, da schwer einzuschätzen ist, wie feucht der Boden ist)

Später im Herbst stand dann die grundsätzliche Struktur und es wurden weitere Jungpflanzen und rund 700 Zwiebelpflanzen gesetzt und heimisches Saatgut (vorwiegend von Rieger-Hoffmann, z.T. auch die „Dortmunder Mischung“) ausgebracht. Da der Jahreswechsel und das Frühjahr 2023 glücklicherweise recht feucht war, musste kaum gegossen werden. Die Pflanzen und das Saatgut entwickelten sich recht gut. Der Boden, eher fest und steinig, ist in Teilen wohl recht stickstoffreich, was sich am recht intensiven Wachstum mancher Pflanzen zeigt. Brennnesseln und andere wuchernde Pioniere waren hier schon und dürfen auch bleiben, sie werden in ihrem Ausbreitungsdrang nur gehemmt. Hervorragend entwickelten sich zum Sommer hin die verschiedenen Disteln. Die Insekten lieben sie, ebenso wie die Wilde Möhre, die sich auch sehr gut entwickelt hat. Auch Malven haben sich hier gut eingelebt und dazu noch viele, viele andere Pflanzen.

 

Im Oktober 2022 wurde noch ein schräg gegenüber liegendes kleines Beet im Rahmen einer Baumpatenschaft übernommen. Hier war der Arbeitsaufwand nicht so hoch, allerdings musste erst mal ein Vlies aus vergangenen Zeiten entfernt werden, damit der Boden wieder frei von Kunststoffen zugänglich war. Ein kleiner Erdhügel und eine Rinne mit einem Totholzstamm sorgen für etwas mehr Struktur. Diese Fläche liegt direkt gegenüber dem Friedhofscafé (der sehr leckere Kuchen versüßt nicht nur Arbeitspausen) am Bürgersteig. Sicher werden dort wegen der vielen Friedhofsbesucher/-innen mehr sogenannte Akzeptanzarten gesetzt.

 

Eine Bestandsaufnahme zeigte, dass sich über 170 Pflanzen (inkl. des Altbestands) hier im Laufe eines Jahres entwickeln bzw. festgestellt werden konnten. Davon waren rund 136 heimisch. Allerdings haben sich auch 5 invasive Neophyten angesiedelt. Laut NaturaDB würden die Pflanzen (rein theoretisch) über 1000 Insekten Nutzen bieten, sei es als Nektar-, Pollen oder Raupenfutterpflanze. Daneben freuen sich die Vögel über verschiedene Beerenpflanzen und dornige Gehölze, die sich zukünftig gut als Versteck- und Nistmöglichkeiten entwickeln könnten.

 

Angemerkt sei noch, dass versucht wurde, möglichst Ressourcenschonend und CO2-arm die Fläche zu bearbeiten. So wurden die vielen Sandsäcke, Holzstämme und Steine, aber auch viele Pflanzen (bis auf die erste Pflanzenlieferung und Pflanzen, die über den Versand bezogen wurden) nur mittels Hackenporsche, Bollerwagen, Fahrrad und ÖPNV transportiert. Das Holz stammt nur von alten Bäumen oder wurde nach stürmischen Tagen im Umfeld gesammelt. Und die Steine stammten größtenteils von Renovierungs- und Abrissarbeiten aus der Nähe. Insgesamt waren das wohl über den Daumen gepeilt rund 3 – 4 Tonnen Material. Aber man sieht davon kaum noch was, irgendwie hat sich alles recht harmonisch eingefügt und „verschwindet“ durch das Grün so langsam. Auch verschwunden ist das Wasser, alleine im Sommer 2022 waren es rund 7000 Liter, die mit dem Bollerwagen rund 150 Meter herangekarrt werden mussten. Zukünftig sollten sich die Pflanzen aber so „über Wasser halten“, denn im Klimawandel heißt es umso mehr „Nur die Harten kommen in den Garten“.

Jetzt im Juli 2023 ist schon gut was los in den beiden Beeten und durch die Nachbarschaft zum Friedhof könnte sich hier sicher ein Trittsteinbiotop, aber aufgrund der Größe auch eine Wohnstätte für viele Wildbienen und andere Insekten entwickeln. Leider sind verglichen mit dem letzten Jahr die Schmetterlinge recht rar. Aber vielleicht liegt es auch am Wetter und im nächsten Jahr sieht es schon wieder besser aus. Das „Feld“ ist jedenfalls bestellt und wartet auf seine vielen kleinen tierischen Gäste und Bewohner, auf dass sie sich hier inmitten der Großstadt zukünftig wohlfühlen werden.

 

 

Infoarbeit

Im Rahmen der Volkshochschule konnten in Zusammenarbeit u.a. mit dem Grünflächenamt, aber auch mit anderen Institutionen (Stadterneuerung, IGA 2027-Organisation, Emschergenossenschaft, Entwässerungsabteilung) in den vergangenen Jahren Exkursionen mit Gruppen organisiert werden, die den naturnahen Stadtumbau und die Förderung der Biodiversität zum Thema hatten.

Ansonsten wurden viele Gespräche mit Passanten geführt. Die Akzeptanz war überwiegend positiv, es gab aber auch völlige Ablehnung dieser Art der Beetgestaltung.

Zukünftig (aus gesundheitlichen Gründen noch nicht alles geschafft) sollen noch Informationstafeln angebracht werden, die die Hintergründe der Beetgestaltung erläutern werden.

 

 

Pflanzliste (Auszug, leider nicht mehr geschafft, zu sortieren)

Gewöhnliche Kornrade, Agrostemma githago

Gewöhnlicher Odermennig

Gemeiner Frauenmantel, Alchemilla vulgaris

Knoblauchsrauke, Alliaria petiolata

Felsen-Steinkraut, Alyssum saxatile

Färberkamille, Anthemis tinctoria

Gemeine Akelei, Aquilegia vulgaris

Gewöhnlicher Beifuß, Artemisia vulgaris

Wald-Geißbart, Aruncus dioicus

Sumpf-Dotterblume, Caltha palustris

Pfirsichblättrige Glockenblume, Campanula persicifolia

Wald-Schaumkraut, Cardamine flexuosa

Wiesen-Schaumkraut, Cardamine pratensis

Kornblume, Centaurea cyanus

Berg-Flockenblume, Centaurea montana

Hecken-Kälberkropf, Chaerophyllum temulum

Wegwarte, Cichorium intybus

Acker-Kratzdistel, Cirsium arvense

Gewöhnliche Kratzdistel, Cirsium vulgare

Alpen-Waldrebe, Clematis alpina

Eingriffeliger Weißdorn, Crataegus monogyna

Zimbelkraut, Cymbalaria muralis

Wilde Möhre, Daucus carota

Roter Fingerhut, Digitalis purpurea

Gewöhnlicher Natternkopf, Echium vulgare

Flachblatt-Mannstreu, Eryngium planum

Gewöhnlicher Wasserdost, Eupatorium cannabinum

Scharbockskraut, Ficaria verna

Kletten-Labkraut, Galium aparine

Waldmeister, Galium odoratum

Strauch-Efeu 'Arborescens', Hedera helix 'Arborescens'

Kompass-Lattich, Lactuca serriola

Wiesen-Margerite, Leucanthemum vulgare

Blutweiderich, Lythrum salicaria

Moschusmalve, Malva moschata

Wilde Malve, Malva sylvestris

Hopfenklee, Medicago lupulina

Echte Kamille, Matricaria chamomilla

Weißer Steinklee, Melilotus albus

Echter Steinklee, Melilotus officinalis

Zitronenmelisse, Melissa officinalis

Wasser-Minze, Mentha aquatica

Wald-Vergissmeinnicht

Myosotis sylvatica

Oregano, Origanum vulgare

Gemeine Nachtkerze, Oenothera biennis

Klatschmohn, Papaver rhoeas

Floh-Knöterich, Persicaria maculosa

Rainfarn-Phazelie, Phacelia tanacetifolia

Kleine Braunelle, Prunella vulgaris

Geflecktes Lungenkraut, Pulmonaria officinalis

Kriechender Hahnenfuß, Ranunculus repens

Apfelrose, Rosa villosa

Himbeere, Rubus idaeus

Wiesensalbei, Salvia pratensis

Kleiner Wiesenknopf, Sanguisorba minor

Tauben-Skabiose, Scabiosa columbaria

Wald-Ziest, Stachys sylvatica

Huflattich, Tussilago farfara

Echter Baldrian, Valeriana officinalis

Großblütige Königskerze, Verbascum densiflorum

Schwarze Königskerze, Verbascum nigrum

Stängel Silberdistel, Carlina acaulis subsp. simplex

Gewöhnlicher Hornklee, Lotus corniculatus

 

 

Standort

44137 Dortmund

Vorher- & Nachher-Bilder

Aktions-Bilder

Heimische Pflanzen

Gartenstrukturen

Aktionsbilder & Infoarbeit

Jubelbilder

Vorher- & Nachher-Bilder

Anzahl der Projektbeteiligten

2

Fläche

200 m²

Informationen zur Gruppe

Andreas und Freundin Petra