Der Blühstreifen „Ruhrpott-Gesumm“
Seit knapp 30 Jahren pflegen wir - mein Mann und ich - einen naturnahen Kleingarten mitten in Essen. Der Garten gehört zu einer Kleingartenanlage mit insgesamt 26 Gärten. Es ist ein Eckgarten, der an der einen Aussenseite von einer Ligusterhecke begrenzt wird. Direkt hinter der Hecke verläuft im Begleitgrün ein kleiner Fusspfad hoch zur Straße.
Die Idee
Es begann im Sommer 2019 beim Heckenschnitt - irgendwie machte es keinen Spaß, auf dem unebenen Boden im hohen Gras, den Brombeeren und Brennesseln zu stehen und die Hecke zu schneiden.
In unserem Garten gibt es jede Menge Hummeln, Wildbienen, Schwebfliegen, Käfer und anderes summendes Getier - warum also nicht den Spaten in die Hand nehmen und die Brummer mit einen Blühstreifen unterstützen und so „was für Bienen tun“?
Bis zur Idee, an dem gleichnamigem Wettbewerb teilzunehmen, war es dann nur ein kleiner Schritt ...
Der Plan
Der zukünftige Blühstreifen wurde vermessen: ca. 20m lang und 90cm breit.
Dann wurde zu Hause mit vereinten Kräften ein Pflanzplan entworfen.
Vor allem die Hummeln sollten unterstützt werden. Wichtig für sie ist ein lückenloses Angebot an Trachtpflanzen. Im Frühjahr ist das Angebot mit Obstbäumen und Beerensträuchern allgemein gut, während im Hoch- und Spätsommer - also gerade dann, wenn die Völker sehr zahlreich sind - außer der Linde kaum etwas blüht.
So setzten wir die Spät- bzw. Dauerblüher wie Malven, Flockenblume, Löwenmäuler, Wilde Karde, Sonnenhut und Berglauch auf die Pflanzliste.
Für die z.T. hochspezialisierten Wildbienen wurde der Plan um Glockenblumen ergänzt; für die auf Korbblütler spezialisierten Sandbienen wurde neben der Flockenblume noch der unverwüstliche Rainfarn mit auf die Liste gesetzt.
Ebenso diverse Kleearten, die nicht nur den Hummeln schmecken, sondern auch Schmetterlinge und deren Raupen fördern wie z.B. die hier selten gewordenen Bläulinge.
Glücklicherweise war ein Balkonkübel voller Sichelklee, im Garten fanden sich genug Luzernepflänzchen, und aus zahlreichen bunten Wildblumentüten entwickelten sich weitere Kleearten; sie alle sollten ihre neue Heimat im Blühstreifen finden!
Frühe Krokusse, Wilde Tulpen und die bei Hummeln sehr beliebten Traubenhyazinthen sollten den Frühling einläuten.
Schön aussehen sollte es natürlich auch.
Und pflegeleicht sein.
Und dem Wurzeldruck der Hecke standhalten können.
Und einen Tritt beim Heckenschnitt vertragen.
Der Pflanzplan „lebte“, änderte sich und wurde den Gegebenheiten laufend angepasst. Schließlich „endete“ er als Pflanzenauflistung im Infoblatt.
Die Anzucht
Es wurden Malven, Löwenmäuler, Herzgespann und Flockenblumen ausgesät und vorgezogen; sie sollten den Grundstock bilden. Sich selbst ausgesamte Wilde Karden, Vexiernelken, Katzenminzen, Fingerhut und Herzgespann wurden im Garten einfach stehen gelassen zur späteren Entnahme. Im Staudenbeet wurden Taubenkropf-Leimkraut geteilt, im Kräuterbeet Zitronenmelisse und Rainfarn.
Sonnenhut, Salbei, Glockenblume, Berglauch sowie Krokus und Wildtulpe wurden zugekauft.
Die Umsetzung
Der erste Spatenstich erfolgte am 7. Oktober 2019.
Zunächst wurde „streng“ nach Pflanzplan vorgegangen. Verwendet wurden Pflanzen, die dem Wurzeldruck der Hecke standhalten können, die mit Trockenheit und Hitze - klimawandeltauglich - und ohne große Pflege zurechtkommen - und auch mal einen „Tritt“ beim Heckenschnitt vertragen. Malven, Flockenblume, Löwenmaul, Katzenminze und Taubenkropf-Leimkraut wurden bereits im Herbst 2019 gepflanzt, ebenso die Zwiebeln von Krokus, Wildtulpe und Traubenhyazinthe.
Die Hauptarbeit sollte als Gemeinschaftsaktion im Frühjahr 2020 starten.
Das zeitige Frühjahr 2020 wurde noch planmäßig mit den frühen Zwiebelblühern eingeläutet ... aber dann kam Corona und warf alle Planungen über den Haufen.
Aus der Gemeinschaftsaktion wurde nichts. Private Einzelaktionen waren stattdessen angesagt.
Obendrein waren die Löwenmäuler und die Katzenminze komplett verschwunden. Malve, Flockenblume und Leimkraut hatten aber gut überwintert.
Die Pflanzung ging dann trotz der Widrigkeiten weiter, in Einzelaktionen wurden die laut Plan übrigen Pflanzen gesetzt. Der Pflanzstreifen wurde gehegt und gepflegt und entwickelte sich gut.
Ende Mai bis Ende Juni blühten die Fingerhüte um die Wette, dazu kamen das Taubenkropf-Leimkraut, die knallig pinke Vexiernelke, Herzgespann und die Einjährigenblüte. Flockenblumen, Berglauch und Rainfarn folgen im Juli/August und den Abschluss bildet der Sonnenhut.
Die Wilden Karden wurden leider von einem wohl distel-feindlichen Zeitgenossen herausgerissen, dafür fanden sich erfreulicherweise immer mehr Pflanzen, die „über“ waren, aus benachbarten Gärten.
Der Pflanzplan wurde zugunsten der Vielfalt aufgegeben, und es wurde immer bunter!
Besonders für Hummeln sind die meisten Pflanzen attraktiv. Augenmerk wurde auf eine insgesamt lange Blühperiode gelegt, die vor allem auch den Hoch- und Spätsommer mit abdeckt, in denen allgemein wenig Trachtpflanzen blühen. So ist gewährleistet, dass Hummeln, Wildbienen und Co zu jeder Zeit Nahrung zur Verfügung steht.
Aus der Vielzahl der Arten sollen sich in den kommenden Jahren die geeignetsten heraus selektieren.
Die Öffentlichkeitsarbeit
Im Mai nahm die Aktion nochmal Fahrt auf: der Blühstreifen bekam seinen Namen, ein Banner sollte gestaltet werden, ausserdem Infos zum Verteilen und, und, und ...
Das Design des Banners übernahm unsere Gartennachbarin Sigrid. Da schon bei den Pflanzen überwiegend Reste verwertet wurden, war ihre Idee - das Upcycling:
„Auch beim Banner wird großer Wert darauf gelegt, bereits vorhandene Materialien und Gegenstände zu verarbeiten und auf Plastik gänzlich zu verzichten. So erwachte Urgroßmutters Damasttischdecke zu neuem Leben. Eingefärbt in frisches Frühlingsgrün wurde aus ihr das Info-Banner für den Blühstreifen genäht und mit Textilfarbe beschriftet.
Genauso wurde mit dem Stoffbeutel für die Infoblätter verfahren; dieser bekam noch eine gehäkelte Kordel zum Aufhängen aus einem Rest mercerisierter Baumwolle.
Die Metallstäbe für die Aufstellung des Banners sind ehemalige Rankhilfen.
Das komplette Ensemble wurde also upge- bzw. recycelt!“
Das Infoblatt „Ruhrpott-Gesumm - Der Blühstreifen“ wurde zur Abgabe und Mitnahme an interessierte Passanten fertig gestellt. Es erklärt kurz Sinn und Zweck des Blühstreifens und beinhaltet die Auflistung der verwendeten Pflanzenarten.
Der Aufruf zum Wettbewerb und das Infoblatt wurden am 24. Juni in den beiden Schaukästen der Gartenanlage öffentlich gemacht.
Ein Großteil der Pflanzen wurde beschildert.
Eröffnung
Die „Eröffnung des Ruhrpott-Gesumms“ fand mit Aufstellung des Info-Banners am 30. Juni 2020 statt.
Das Ergebnis
... kann sich sehen lassen es blüht
... ist zu hören es summt
... ist vielfältiges Leben Hummeln, Wildbienen, Käfer, Feuerwanzen, Schmetterlinge und Co
... macht Spaß und gute Laune
... selbst der Heckenschnitt wird zum Vergnügen!
Die Zukunft
Der Blühstreifen „lebt“, er ändert sich also laufend. Das ist auch so gewollt. Bis sich eine stabile Pflanzengemeinschaft entwickelt hat, werden Pflanzenlücken weiterhin durch Einjährige geschlossen, es wird behutsam kontrollierend eingegriffen und ggf. angepasst.
Der Anteil an Glockenblumen und Klee soll vergrößert und um weitere Arten ergänzt werden. Gerade Glockenblumen bieten den (z.T. hochspezialisierten) Wildbienen Nahrung und Lebensraum.
Bitterlupine und Färberkamille sind bereits für nächstes Jahr eingesät.
Die Ein- und Zweijährigen dienen dieses Jahr erstmal als Füllkräuter, mal sehen, wer von ihnen es durch Selbstaussaat auch die nächsten Jahre schafft!
Resumee
Es hat allen Beteiligten einen Riesenspaß gemacht! Corona war beim Pflanzen und Pflegen vergessen.
Die geplante Teilnahme am Wettbewerb lieferte den nötigen Anreiz zum Durchhalten und Weitermachen, gerade wenn es mal Rückschläge gab, oder die Coronafolgen deprimierten.
Mit fortschreitendem Gedeihen und dem Aufblühen des Streifens gab es zunehmend Lob und Zuspruch und Interesse, und vor allem sehr nette Begegnungen mit interessierten Passanten.
Danksagung
Ein großes DANKESCHÖN an alle Mitwirkenden! Ganz besonders:
An meinen Mann Dieter: für die vorbereitenden „groben“ Arbeiten, seine Ideen und die Durchsicht des „Schriftkrams“.
An Sigrid:
für ihre tolle Idee mit dem Upcycling und die Gestaltung des Banners.
An Angelika:
für die Weiße Malve und die Unter“stützung“ im wahrsten Sinne des Wortes, als Wind und Regen den Blühstreifen stellenweise zum Wanken brachten.
Und an alle alten und neuen Gartenfreunde:
für die gespendeten Pflanzen, für die gute Ratschläge, für Zuspruch, Lob und Kritik.
Und natürlich an die Ausrichter dieses Wettbewerbs!
Standort
45136 EssenVorher- & Nachher-Bilder
Keine Bilder vorhanden
Aktions-Bilder
Keine Bilder vorhanden
Nachher-Bilder
Keine Bilder vorhanden
Gartenstrukturen
Keine Bilder vorhanden
Vorher- & Nachher-Bilder
Aktions-Bilder
Nachher-Bilder
Nachher-Bilder
Keine Bilder vorhanden
Anzahl der Projektbeteiligten
3
Quadratmeter
18
Fläche
18 m²
Pflanzliste
1-jährig
Borretsch blau Borago officinalis
Herzgespann rosa Leonurus sibiricus
Klatschmohn rot Papaver rhoeas
Kornblume blau Centaurea cyanus
Leinkraut bunt Linaria ssp.
Phacelia, Büschelschön lila Phacelia tanacetifolia
Ringelblume gelb,orange Calendula officinalis
Sperrkraut blau Gilia capitata
2-jährig
Fingerhut purpur Digitalis purpurea
Hundszunge rosa-blau Cynoglossum amabile
Natternkopf blau Echium vulgare
Vexiernelke pink Lychnis coronaria
Wegwarte hellblau Cichorium intybus
Wilde Karde lila Dipsacus follonum
mehrjährig
Akelei Mischung Aquilegia vulgaris
Eisenverbene lila Verbena bonariensis
Flockenblume rosa Centaurea hypoleuca
Herzgespann rosa Leonurus cardiaca
Johanniskraut gelb Hypericum perforatum
Glockenblume blau Pfirsichbl. Gl. Campanula persicifolia
Glockenblume blau AckerGl. Campanula rapunculoides
Karthäusernelke purpurrot Dianthus carthusianorum
Klee blau Luzerne Medicago sativa
Klee gelb Sichelklee Medicago falcata
Klee gelb Feldklee Trifolium campestre
Klee rot Rotklee Trifolium pratense
Klee rot Wundklee Anthyllis vulneraria
Klee weiss Schwedenklee Trifolium hybridum
Knotige Braunwurz rotbraun Scrophularia nodosa
Malve purpur Malva sylvestris
Mondviole rosa Lunaria redivia
Salbei blaulila Salvia ssp.
Rainfarn gelb Tanacetum vulgaris
Sonnenhut gelb Echinacea paradoxa
Storchschnabel lila Geranium ssp.
Taubenkropf-Leimkraut weiss Silene vulgaris
Taubnessel weiss Lamium album
Waldziest rot Stachys sylvatica
Zitronenmelisse weiss Melissa officinalis
Zwiebelblumen
Berglauch blau Allium senescens
Purpurroter kugelköpfiger Zierlauch Allium sphaerocephalon
Traubenhyazinthe blau Muscari botryoides
Wildkrokus, Botanischer Krokus gelb Crocus ssp.
Wildtulpe gelb-weiss Tulipa tarda
Informationen zur Gruppe
Die Gruppe bestand zunächst nur aus meinem Mann und mir. Der Pflanzplan war meine Aufgabe, Ideen zur späteren Umsetzung entwickelten wir gemeinsam. Geplant war ab Frühjahr eine Gemeinschaftsaktion der Gartenanlage. Aber dann kam Corona ... Es blieb bei zunächst bei unserer Privataktion. Im Laufe der Arbeiten gesellten sich dann aber weitere interessierte Gartennachbarn dazu, es kam zu regem Austausch von Ideen und Pflanzen. Die Gestaltung des Info-Banners übernahm federführend Sigrid. Also kurz gesagt, die Gruppenbildung war ein Selbstläufer.