'Carlsberg blüht auf'.
Das ist das Motto der im Spätsommer 2019 entstandenen Biodiversitätsgruppe in der 3.500 Einwohner zählenden rheinlandpfälzischen Gemeinde Carlsberg im Landkreis Bad Dürkheim.
Hierfür hat die bis dato 15-köpfige Gruppe, in der sich auch Gemeinderatsmitglieder und der Ortsbürgermeister engagieren, diverse Maßnahmen geplant. Diese Maßnahmen sollen unsere Gemeinde nicht nur schöner machen, sondern für unsere tierischen Bewohner gleichzeitig lebenswerter.
Sprich: Wir möchten nachhaltige Begrünungsmaßnahmen im ganzen Ort umsetzen, die schön aussehen und gleichzeitig einen Beitrag zur Artenvielfalt liefern. Sprich: Einen Biotopverbund anlegen.
Eine der ersten angedachten Ideen war: Ein Mehrgenerationengarten vor der Einsegnungshalle des Friedhofes, der gleichzeitig zwischen zwei sehr auf Naturpädagogik setzenden Kindertagesstätten liegt. Eine bis dato brachliegende Fläche, die lediglich aus Rasen bestand.
Ein Garten für Alle und Ort der Naturpädagogik
Dieser Garten, so der Plan, soll alle Carlsberger ansprechen und zum Verweilen einladen.
- Einfach so, nach einem Spaziergang,
- gezielt angesteuert, um Zeit im üppig blühenden Grünen zu genießen,
- als grüner 'Warteraum' für Eltern dienen, die ihre Kids abholen,
- nach einem Friedhofsbesuch für eine besinnliche Auszeit oder vor einer Beerdigung zum Austausch, usw.
Gleichzeitig hat er einen sehr praktischen Nutzen, denn die beiden KiTas „Spatzennest Kindertagesstätte Carlsberg“ und „Kinderkiste“ können das blütenreiche Gelände für naturpädagogische Maßnahmen nutzen, werden das Ganze auch pflegen.
Der Garten soll als erstes Beispiel im Ort für die Artenvielfalt erblühen. Wildbienen, Falter und Co. finden hier nektarreiche Nahrung und, wie die Vögel, einen Schluck kühlendes und überlebenswichtiges Nass. In natürlichen Mehrfamiliensiedlungen in Form von Totholz-/Reisig- und Steinhaufen finden zahlreiche Tiere einen natürlichen Unterschlupf zu jeder Jahreszeit.
Gemeindearbeiter half mit Radlader, Bauer mit Traktor
Um das Gelände zu terrassieren – das starke Wurzelwerk der großen Rotbuchen machte das nötig -, hatten wir eine Spende aus dem Ort in Sachen Erde erhalten, nach Baumfällarbeiten gab es auch Holz, Steine für die Trockensteinmauer wurden uns von der Ortsgemeinde zur Verfügung gestellt. Die Erde, die locker aus 40 Kubikmetern bestand, sollte in Handarbeit in ein, zwei Arbeitseinsätzen verteilt werden. Auch und gerade mit den Eltern der KiTa-Kinder. Viele meldeten sich hierzu. Leider fiel dieser Plan auf Mitte März und, das weiß heute jeder, solche Gruppenaktionen wurden unmöglich.
Freundlicherweise half uns hier ein Gemeindearbeiter mit dem Radlader des Bauhofes aus und verteilte in kurzer Zeit die Erde.
Die nächste, arbeitsintensive Challenge war, die zweite Hälfte des geplanten Gartens von der Grasnarbe zu befreien. In Zeiten des Abstandshaltens ein schwieriges Unterfangen für etwa 200 m². Hier half uns aber ein Bauer, der mit entsprechendem Gerät innerhalb kurzer Zeit mittels Egge half. Es mussten lediglich noch die Grasnarbe grob entfernt werden.
Weiteres Vorgehen: Spendenaufrufe
Parallel hat die umsetzende Gruppe zu Spenden im Ort aufgerufen. Geldspenden, die auf ein Konto der Verbandsgemeinde gehen konnten, ebenfalls Geldspenden, die in Spendenboxen in den örtlichen Geschäften standen (gebastelt von den KiTa-Kids) und natürlich Sach- beziehungsweise Pflanzenspenden.
Etwa 300 bienenfreundliche Pflanzen wurden ab März vorgezogen, einige Pflanzenspenden wie Setzlinge aus der Gärtnerei oder dem eigenen Garten kamen von Anwohnern. Last but not least: Es wurde ein großes Insektenhotel gespendet, welches in einer im Landkreis ansässigen Lebenshilfe-Werkstatt gefertigt wurde.
Zudem wurde der Initiative „Mehrgenerationengarten“ Kompost und Pflanzerde zu nachhaltigen Verbesserung des sehr sandigen Bodens gespendet. Nachhaltig, da dessen Eintrag u.a. zum Wasserrückhalt dient, auch und gerade weil der Ort des Mehrgenerationengartens sehr stark dem Wind ausgesetzt ist und unser Ort als sehr regenarm gilt.
LEADER-Gelder: EU-Förderung zugesprochen
LEADER ist eine Initiative – Zitat der Internetseite: „… der Europäischen Union zur Förderung und Entwicklung der ländlichen Regionen in Europa.“ Und weiter heißt es: „LEADER gibt den regionalen Akteuren im ländlichen Raum Impulse, eigenständige Überlegungen über das Entwicklungspotenzial ihres Gebietes anzustellen und umzusetzen. Gleichzeitig bietet LEADER der Bevölkerung im ländlichen Raum die Möglichkeit, sich aktiv an der regionalen Entwicklung zu beteiligen.
Mit LEADER werden modellhaft innovative Projekte im ländlichen Raum gefördert und mit EU-Mitteln bezuschusst. Die Projekte sollen vorrangig das Ziel verfolgen, die Lebensqualität im ländlichen Raum und die Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft zu fördern. LEADER ist somit die ideale Plattform, um zusammen mit anderen Gemeinden sowie nicht öffentlichen Organisationen gemeinsame Ideen zu entwickeln und Projekte umzusetzen.“
Kurz nach dieser Einleitung erklärt: Wir haben uns um 2.000 € zweckgebundene Fördergelder für den Mehrgenerationengarten beworben, welcher als „ehrenamtliches Bürgerprojekt“ eingereicht und den Förderzuschlag auch erhielt. Das versetzte das Biodiversitätsteam in die Lage, in Sachen Pflanzen gleich im ersten Jahr nicht sparen zu müssen. Denn dieses Geld investierten wir in mannigfaltige Blühpflanzen (vornehmlich mehrjährig, über einen langen Zeitraum blühend, Mix aus heimisch und zugezogen, aber auch heimische Einjährige) und heimische Gräser. Glücklicherweise haben wir eine kompetente Familiengärtnerei im Nachbarort Altleinigen, die uns mit Sachverstand beriet und gute Kontakte zu heimischen Pflanzenproduzenten hat. Auch ein Teil der Spendengelder kam für die Bepflanzung bis dato zum Einsatz.
Stand Ende Juli: Die Beete sind praktisch fertig gepflanzt (Zwiebelblüher kommen im Herbst hinzu, Schattenstauden werden weitere im kommenden Frühjahr gesetzt), Wege sind praktisch fertig (mit Hackschnitzeln aus der Region ausgelegt, gespendet von der Gemeinde), die KiTas kümmern sich fast alleine um die Pflege und die Kinder lieben ihren Garten und helfen fleißig bei der Gießarbeit. Die Ortsgemeinde spendet schließlich zeitnah Sitzmöbel (aus Recyclingkunststoffen).
Jetzt, kurz nach der Anlage summt, brummt und flattert es bereits. Auch wenn die KiTas eigene große Insektenhotels haben, das aufgestellte Exemplar wird bereits umschwirrt. In der Trockensteinmauer ist innerhalb ein paar Tage bereits ein Erdkröten-Paar eingezogen und regelmäßig kann man Vögel auf erfolgreicher Nahrungssuche beobachten.
Das erfolgreich umgesetzte Projekt musste, da ja eine kommunale Fläche, der Umsetzung im Vorhinein zustimmen. Das tat der Gemeinderat einstimmig. Auch und gerade wegen des Mehrwertes für viele Menschen, für die naturnahe Erziehung der kleinen, zukünftigen Natur-Liebhaber und -Schützer und natürlich für die Natur selbst.
Standort
67316 CarlsbergVideo zu Beitrag
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Anzahl der Projektbeteiligten
15
Quadratmeter
400
Pflanzliste
- Verschiedene Sorten Glockenblumen
- verschiedene Schafgarben
- Wasserdost
- Berg-Knöterich Johanniswolke
- Waldgeißbart
- Mädchenauge
- Wild- und Bodendeckerrosen (offene)
- Kleines Immergrün
- Farne
- Funkien
- Färberkamille
- Astern
- Wollziest
- Wald-Labkraut
- Wald-Storchschnabel
- Skabiosen wie Wald-Wittwenblume
- Duftrosen
- Patagonisches Eisenkraut
- Lavendel
- Rosmarin
- Verschiedene Salbeisorten
- Echinacea
- Fetthenne
- verschiedene Distelsorten
- heimisches Reitgras
- einfach blühende Stockrosen
- Bergflockenblume
- verschiedene Margeritenarten
- Prachtkerze
- Duftnessel (Agastache rugosa)
- Blutweiderich
- Sommerflieder
- Frühjahrsflieder (kommt als Setzlingsspende noch rein, wenn größer)
- Hibiskus (dito)
- Schwarzer Holunder (dito)
- Sonnenhut Rudbeckia
- Viele vorgezogene Einjährige wie Kornblumen, Ringelblumen, Löwenmäulchen, Cosmeen. Wiesensaat soll noch folgen. Auch ein Stück weiter, direkt auf dem Friedhof, auf dem ein größeres, ungenutztes Areal schon nicht mehr gemäht wird.
Informationen zur Gruppe
Die Gruppe entstand als Teil der "Zukunftswerkstatt Klimaschutz Carlsberg" im Spätjahr 2019. Zukunftswerkstätten sind ein rheinland-pfälzisches Pilotprojekt für Gemeinden unter 5.000 Einwohnern. Die etwa 30 teilnehmenden Gemeinden sind KlikK aktiv-Partner, wobei KlikK heißt: Klimaschutz in kleinen Gemeinden mit ehrenamtlichen Klimaschutzpaten (hier: zwei; Dunja Brügging und Jürgen Buhmann). Projektnehmer ist die Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH, die einen Projektleiter stellt unter dessen Koordination in vier Bereichen von Ehrenamtlichen Projekte geplant und umgesetzt werden. Hier sind das: Klimaschutz im Alltag, Mobilität, Erneuerbare Energien und eben Biodiversität. In der Biodiversitätsgruppe wurden Ideen gesammelt und jene mit den meisten Befürwortern werden nach und nach umgesetzt. Unser erstes Projekt war die nachhaltige Begrünung von annähernd 20 Verkehrsinseln in der örtlichen Gartenstraße - unter der Leitung von Dunja Brügging - und das nächste größere Grün-Projekt der jetzt in wenigen Wochen und, wie allgemein bekannt, unter erschwerten Bedingungen umgesetzte Mehrgenerationengarten. Es wurde Pressearbeit gemacht. Die größte Regionalzeitung "Die Rheinpfalz" berichtete bereits mehrfach. Das ZDF drehte im Rahmen einer Reportage für die Sendung "sonntags - TV fürs Leben" (17.5.2020, ab 18:47 min im folgenden Link (https://www.zdf.de/gesellschaft/sonntags/natur-pur-102.html) über das Engagement der Klimaschutzpaten, der ehrenamtlichen Helfer und den am Anfang stehenden Mehrgenerationengarten. Das gab viel positives Feedback und auch einige Spenden für die Umsetzung. In Sachen Bildung hielt Klimaschutzpate und Garten-Blogger Jürgen Buhmann zwei Vorträge. 1. zur Anlage eines naturnahen und tierfreundlichen Garten. 2. zu einem klimafesten Garten. Hierdurch wurden nicht nur einige Gartenbesitzer zum Umdenken angeregt. Es kamen auch weitere Ehrenamtliche zur Umsetzung der Ideen der Gruppe hierdurch hinzu. Die Gruppe organisiert sich ganz gut selbst, brachte viele Ideen und natürlich Mann- und Frauen-Power mit ein. Großteils geplant und koordiniert hat das Projekt Jürgen Buhmann. Weitere Projekte der Gruppe sind im Ort geplant. So sollen Wildblumenwiesen entstehen, weitere Verkehrsinseln werden sinnvoll begrünt und ein Klostergarten soll an einem 2. Friedhof in einem Ortsteil entstehen. Dort wo bis ins späte Mittelalter einst ein Kloster stand. Ein Antrag beim Land Rheinland-Pfalz für Fördergelder zur Erstellung und Umsetzung einer Biodiversitätsstrategie ist gestellt. Kontakt und wietere Informationen: Jürgen Buhmann redaktion (at) muhvie.de 0160/55 65 499 Friedhofstraße 7 B 67316 Carlsberg