Ein Garten für Insekten
Angedacht war unser „Garten für Insekten“ schon länger. Die Idee war einen kleinen Garten zu schaffen, etwa in Vorgartengröße (ca. 3 m schmal und 12 m lang), der Insekten in vielerlei Hinsicht unterstützt. Es sollte nicht nur eine reichliche Blütenvielfalt als Nahrungslieferanten für zahlreiche Insektenarten darin wachsen, sondern auch andere Lebensbedürfnisse vieler sechsbeiniger Tierarten, aber auch Vierbeinern wie Eidechsen und Igel, in vielerlei Hinsicht Raum gegeben werden. Ein Garten vorrangig zum Zweck, vor allem Insekten mit Nahrung, Nischen, Überwinterungsmöglichkeiten, Nistmöglichkeiten oder Baumaterialien zu versorgen. Sozusagen ein eigener Rückzugsort, bei dem wir Zweibeiner in der Regel nur als Zaungäste oder Beobachter geduldet sind. - Und das auf einem gepflegten Parkgelände, in dem täglich zahlreiche Besucher vorbeischauen und sich die ein oder andere Anregung für ihren eigenen Garten mit nach Hause nehmen können.
Geeignete Materialien hatten wir schon eine ganze Weile im Park gesammelt und gehortet. Hier mal ein paar alte Baumstämme - hohl als Opfer von Baumpilzen, manche von Larvenfraß durchlöchert - Baumrinde, Bambusschnitt, Ruten von Platanen und Weiden aus dem Frühjahrsrückschnitt, Steinfindlinge in jeglicher Größe zum Teil aus dem Bauschutt, lehmhaltiger Erdaushub von einem Häuslebauer in der Nähe und noch einiges mehr. Ein weiteres Ziel sollte es sein, künftig einem breiten Publikum zeigen zu können, dass man aus wenigen Materialien, Gartenabfällen o.ä. und eigenem Körpereinsatz Einiges für Insekten auf die Beine stellen kann.
Im Winter 2020 haben wir Nisthilfen aus verschiedenen Materialien, wie Ton, Holz oder Bambus gebaut, die wir im zeitigen Frühjahr gleich im zukünftigen Garten in Position bringen konnten. Aus den gesammelten Baumruten stellten wir Flechtwände für den geplanten Komposthaufen her. Ab März zogen wir die erste Charge Wildpflanzen aus regionalen Samen heran.
Corona war – für unsere Gartengestaltung ein kleiner Glücksfall. Die Gäste im Luisenpark blieben aus, doch wir hatten dadurch Zeit gewonnen, um unser Gärtchen in Angriff zu nehmen. Die meisten Materialien hatten wir ja nun bereits und mit Abstand konnte man, im Gegensatz zu unserer normalen Bürotätigkeit, im Freiland wunderbar arbeiten. Anfang Mai legten wir los. Die auf dem brachliegenden Gelände vorhandenen Strukturen wie eine kleine Steinaufhäufung und Sandsteintröge wollten wir erhalten und weiterhin nutzen. Im ersten Schritt schichteten wir in fließender Form zwei Trockenmauern aus Sandstein vor der bereits vorhandenen verfugten Mauer auf. Zwischen den Steinen wurden unsere Tonnisthilfen eingebaut. Leere Tontöpfe wurden als Hummelversteck hinter Steinlücken ausgebracht. Dann wurde das Ganze mit Erde verfüllt. In der Ecke zur Treppe wurde die Mauer durch eine lockere Sandsteinaufhäufung mit einigen Lücken als Versteckmöglichkeit ergänzt. So entstanden dreidimensionale Strukturen mit einer Art Hochbeet für trockenangepasste, bei Bienen beliebten Pflanzen wie der Natternkopf, Fetthenne, Hauswurz, Salbei, Johanniskraut oder ganz normaler Schnittlauch, dessen Blüten besonders gern besucht werden.
Mittlerweile blühte der Mohn, der im Herbst 2019 auf der Bodenfläche ausgesät worden war und lockte zahlreiche Hummeln, Bienen und Käfer an. Im Nächsten Schritt errichteten wir zwei Komposthaufen aus unserem winterlichen Flechtwerk – nicht nur geeignet für bodenbewohnende Gliedertiere, sondern auch mit Schlupfloch für Igel als Winterquartier. Ein Tipi aus Platanenruten wurde aufgestellt, das im Herbst mit Blättern gefüllt weiteren Insekten und auch Kleinsäugern ein geschütztes zu Hause bieten soll. Mehrere Sandlinsen mit verschiedenen Lehm-Sand-Gemischen wurden für bodenbewohnenden Wildbienen aber auch als Eiablageplatz für die Mauereidechsen geschaffen, die das Gelände seit Errichtung der neuen Sandsteinmauer ganz besonders interessant fanden. In einer geschützten Ecke errichteten wir einen Totholzhaufen aus alter Weide. Der 60 cm tiefe Erdaushub für das Käferkastell war in Handarbeit eine ganz besondere Herausforderung, da die Erde/Bauschuttmischung im Untergrund extrem verdichtet war. Hier fanden unsere gesammelten alten Baumstämme kreisförmig aufgestellt ihren Platz. In der Mitte wurde der Raum mit Sägespänen und Reisig verfüllt. Als letzte bauliche Maßnahme im unteren Garten wurde im alten Sandsteintrog eine Wasserstelle mit Ausstiegsmöglichkeit für alle Tierarten und eine Schattenecke geschaffen.
Nach der Mohnblüte rüsteten wir die Fläche mit einer bunten Mischung vieler weiterer einjähriger und zweijähriger Blühpflanzen aber vor allem mehrjährigen Stauden auf, welche wir immer wieder durch weitere Pflanzen ergänzen möchten. Vor allem im kommenden September werden wir noch verschiedene Arten von Geophyten wie Krokusse oder Traubenhyazinthen ausbringen, um so frühzeitig im Jahr eine Nahrungsquelle für Bienen und ihre Brut zur Verfügung zu stellen. Nach und nach gehen wir nun die nächste Ebene dort im alten Garten an, um diese auch insektentauglicher zu gestalten. Hier sollen vor allem blühfreudige, bei Insekten beliebte Kräuter wachsen. Weitere mit Sandsteinen eingefassten Hochbeete haben wir bereits für die Pflanzen vorbereitet.
Zuletzt errichteten wir aus Weidenruten riesige Libellen, die jedem Parkbesucher von Weitem den Weg zum neuen Reich für Insekten weisen sollen.
Insekten fühlen sich willkommen - Erste Erfolge
Es ist wunderbar zu beobachten, wie mit Hilfe von relativ kleinen Maßnahmen auf recht geringem Raum wie die Größe eines mittleren Vorgartens, ein zu Hause für viele Insektenarten oder andere Gliedertiere entstehen kann und sogleich auch von Bewohnern in Beschlag genommen wird.
Alle angebotenen Nischen sind mittlerweile von wem auch immer bewohnt oder genutzt. Ackerhummeln, Erdhummeln, Löcherbienen, Grabwespen, Schwebfliegen, Holz- oder Hosenbienen fliegen ein und aus und Natternkopf hat sich zum „fly in“ der Umgebung entwickelt. Blattschneiderbienen haben unsere Tonnisthilfen für sich entdeckt und sind eifrig dabei, abgebissenen Blattstückchen Richtung Röhre zu befördern. Einige Bienen schauen öfter mal an der Käferburg vorbei und interessieren sich für die Löcher der geschlüpften Riesenholzwespen. Einige Schlupfwespen laufen dort ab und zu Patrouille. Die Mauerbienen haben im Frühjahr eifrig einen Großteil der Bambusröhren für sich belegt – ja und auch das ist Natur und Vielfalt – sind nun dort auch beispielsweise Immenwolf, Falten-Erzwespe, Trauerschweber, Goldwespen und andere parasitische Eindringlinge gesichtet worden, die von der Brut der Mauerbienen auf ihre Weise profitieren. Löcher in den Sandlinsen lassen auf bodenbewohnende Wildbienen rückschließen. Rosenkäfer wurden durch das reichliche Angebot von Mohnpollen angelockt und wir hoffen, dass ihre Larven künftig auch das Käferkastell in Beschlag nehmen werden. Der Komposthaufen ist nach kurzer Zeit Heimat für Ohrkneifer, Asseln oder Hundertfüßer geworden und niemanden stört es, wenn schillernde Blattflohkäfer in die Blättern der Nachtkerze kleine Löcher knabbern.
Standort
68165 MannheimStandort
68165 MannheimVorher- & Nachher-Bilder
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Aktions-Bilder
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Nachher-Bilder
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Gartenstrukturen
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Vorher- & Nachher-Bilder
Aktions-Bilder
Nachher-Bilder
Nachher-Bilder
Anzahl der Projektbeteiligten
6
Quadratmeter
3,30 x 12 : 39
Fläche
36 m²
Pflanzliste
- Pflanzliste
Gehölz
- Kartoffelrose, Rosa rugosa
Stauden und andere
- Scharfer Mauerpfeffer, Sedum acre
- Weiße Fetthenne, Sedum album
- Purpur-Fetthenne, Sedum telephium
- Felsenfetthenne, Sedum reflexum
- Garten Fettblatt, Sedum floriferum
- Berghauswurz, Sempervivum montanum
- Spinnweben-Hauswurz, Sempervivum arachnoideum
- Dach-Hauswurz, Sempervivum tectorum
- Natternkopf, Echium vulgare
- Spitzwegerich, Plantago lanceolata
- Gauchheil, Anagallis spec.
- Wiesen-Pippau, Crepis biennis
- Schnittlauch, Allium schoenoprasum
- Johanniskraut, Hypericum perforatum
- Echte Kamille, Matricaria chamomilla
- Weiße Lichtnelke, Silene latifolia
- Frühblühender Thymian, Thymus praecox
- Garten-Löwenmäulchen, Antirrhinum majus
- Sand-Thymian, Thymus serpyllum
- Stauden Lein, Linum perenne
- Mazedonische Witwenblume, Knautia macedonica
- Krätzkraut, Scabiosa ochroleuca
- Gewöhnlicher Dost, Origanum vulgare
- Bunte Kronwicke, Securigera varia
- schwarze Königskerze, Verbascum nigrum
- Edle Scharfgabe, Achillea nobilis
- Kriechender Günsel, Ajuga reptans
- Berg-Lauch, Allium senescens ssp.montanum
- Astlose Graslinie, Anthericum liliago
- Rundblättrige Glockenblume, Campanula rotundifolia
- Pfirsichblättrige Glockenblume, Campanula persicifolia
- Wiesenflockenblume, Centaurea jacea
- Rote Spornblume, Centranthus ruber
- Karthäuser Nelke, Dianthus carthusianorum
- Ysop, Hyssopus officinalis
- Wiesen-Witwenblume, Knautia arvensis
- Purpur Leinkraut, Linaria purpurea
- Gewöhnlicher Hornklee, Lotus corniculatus
- Rosen-Malve, Malva alcea
- Moschus-Malve, Malva moschata
- Frühlings-Fingerkraut, Potentilla neumanniana
- Hohe Schlüsselblume, Primula elatior
- Wiesen-Schlüsselblume, Primula veris
- Gelbe Resede, Reseda lutea
- Steppen Salbei, Salvia nemorosa
- Echter Apothekersalbei, Salvia officinalis
- Wiesen Salbei, Salvia pratensis
- Kleines Seifenkraut, Saponaria ocymoides
- Gewöhnliche Pechnelke, Silene viscaria
- Nelken-Leimkraut, Silene armeria
- Ringelblume, Calendula officinalis
- Rote Lichtnelke, Silene dioica
- Echter Ziest, Stachys officinalis
- Edel-Gamander, Teucrium chamaedrys
- Großblütige Königskerze, Verbascum densiflorum
- Pracht-Königskerze, Verbascum speciosum
- Schwarze Königskerze, Verbascum nigrum
- Rainfarn, Tanacetum vulgare
- Gewöhnlicher Gilbweiderich, Lysimachia vulgaris
- Wiesen-Margerite, Leucanthemum vulgare
- Roter Fingerhut, Digitalis purpurea
- Waldmeister, Galium odoratum
- Maiglöckchen, Convallaria majalis
- Lavendel, Lavandula angustifolia
- Schafgarbe, Achilea millefolia
- Echtes Seifenkraut, Saponaria officinalis
- Echte Nelkenwurz, Geum urbanum
- Blutweiderich, Lythrum salicaria
- März-Veilchen, Viola odorata
- Öland Sonnenröschen, Helianthemum oelandicum
- Gewöhnliche Nachtkerze, Oenothera biennis
- Wasserschlauch, Utricularia spec.
- Gewöhnlicher Wasserdost, Eupatorium cannabium
- Gemeine Wegwarte, Cychorium intybus
- Hornkraut, Cerastium tomentosum
- Wasserlinsen, Lemna minor
- Esparsette, Onobrychis viciifolia
- Kapuzinerkresse, Tropaeolum majus
- Akelei, Aquilegia vulgaris
- Lungenkraut, Pulmonaria officinalis
- Leinkraut, Linaria vulgaris
- Kleine Braunelle, Prunella vulgaris
- Odermennig, Agrimonia eupatoria
- Mauerfarn, Asplenium trichomanes
Aussaat vor Ort Herbst 2019:
- Kornrade, Agrostemma githago
- Klatschmohn, Papaver rhoeas
Informationen zur Gruppe
Zwei pädagogische Einrichtungen, die Grüne Schule im Luisenpark und das Freizeithaus haben sich mit ihren 6 festen Mitarbeiter zusammengeschlossen, um das Projekt " Ein Garten für Insekten" umzusetzen. Mit unserem Beispiel für einen Insektengarten können wir, da die Anlage mitten in einem stark besucherfrequentierten Parkgelände liegt, viele Menschen erreichen. Bereits während der Umgestaltungsphase wurden wir immer wieder von Neugierigen zu dieser Aktion befragt. So konnten wir schon viele Anregungen und Impulse zu alternativen Gartengestaltungen weitergeben oder zum Überdenken des eigenen Gartenkonzeptes anregen. Der Garten für Insekten wird integraler Bestandteil weiterer Kurse und Führungen der Abteilung Umweltpädagogik/Grünen Schule im Luisenpark sein. Eine neue „Entdeckerecke“ für alle Altersgruppen ist hier entstanden mit „Insektenfindegarantie“ auch für ungeduldige Beobachter. Der Garten für Insekten hat auch seinen Weg auf die Webseite sowie Facebookseite des Luisenparks, und in die örtliche Presse wie Rhein-NeckarZeitung oder Mannheimer Morgen gefunden. https://www.luisenpark.de/freizeit/so-ist-dein-park/neuer-insektengarten https://www.weikmedien.de/friedrichsfeld/c-aktuelles/gruene-schule-erschafft-neuen-naturgarten-hinter-dem-freizeithaus_a3240 https://www.wochenblatt-reporter.de/mannheim/c-lokales/airbeenbee-im-mannheimer-luisenpark_a211063 ....... Die ersten Führungen für Erwachsene und mit Kindern zu Thema " insektenfreundlichen Gartengestaltung" haben dort auch schon stattgefunden.