Ein Naturgarten mit Weitblick

Nach vielen Jahren des Stadtlebens und des Gärtnerns auf unserer Terrasse haben wir immer mehr den Wunsch nach einem eigenen großen Garten verspürt. Irgendwann war es dann so weit, dass wir tatsächlich nach konkreten Angeboten nach Grundstücke Ausschau gehalten haben.

Es sollte aber nicht irgendein Grundstück sein, sondern, neben einigen örtlichen Voraussetzungen, ein richtig großes. Denn wir wollten unser eigenes Gemüse und Obst nach permakulturellen Grundsätzen anbauen und gleichzeitig Raum schaffen, in dem sich die Natur frei entwickeln kann.

Anfang 2017 war es dann so weit: Wir haben ein unglaubliches Hang-Grundstück mit einem 6500 qm „Garten“ gefunden.

Gut 3000 qm davon waren bereits ein schönes Stück Natur. Richtig alte Kirschbäume und Eichen. Ein paar wenige Fichten und Kiefern, eine riesige Birke und einige Walnussbäume. Darunter Wildrosen, natürliche Totholzbereiche, Zypressenwolfsmilch, Walderdbeeren, Scabiosen, Brennnesseln uvm...

Hier gibt es für uns praktisch nichts zu tun, außer Zurückhaltung zu üben.

Naja, wir haben noch zwei Buchen gepflanzt und ein paar Blumenzwiebeln gesetzt, aber das war’s. Hier wird nichts rein und nichts raus getragen.

Die anderen 3500 qm waren reines Grünland, größtenteils aus Quecke bestehend. Hier wurde bisher mehrmals im Jahr gemäht und gedüngt. Eine richtige Fettwiese.

Wir wollen hier stattdessen einen Lebensraum für Insekten erschaffen und insgesamt die Artenvielfalt erhöhen. Tatsächlich muss man der Vollständigkeit halber sagen, dass durchaus einige Heuschreckenarten hier vorkamen.

Das war/ist unser Plan:

Das Grundstück soll umrahmt werden von einer heimischen Wildsträucherhecke im Süden und Osten.

In der Nähe des zukünftigen Wohnhauses soll noch ein permakulturell bewirtschafteter Gemüsegarten entstehen. Außerdem soll es eine neu angelegte Magerwiese geben (ca. 800 qm).

Ein Teil des Grundstücks wird eine Streuobstwiese, bei der die Bäume Obstbaumlebensgemeinschaften in Form von unterschiedlich gestalteten Obstbaumscheiben bilden.

Das nördliche und westliche Ende des Grundstücks bildet dann eine Beerenhecke mit verschiedenen heimischen Beerengehölzen.

An einigen Stellen wird die vorhandene Wiese einfach hoch wachsen und den Heuschrecken u.a. weiter ihren gewohnten Lebensraum bieten. Diese Wiese wird nur noch einmal im Jahr gemäht und nicht mehr gedüngt, so dass sich im Laufe der Jahre auch hier hoffentlich wieder mehr Arten ansiedeln.

Verbunden werden diese Gartenbereiche durch Wege, die wir mit der Sense im vorhandenen Grün schaffen.

Überall auf dem Grundstück entstehen spezielle Gartenstrukturen wie Totholz- und Steinhaufen. Im Sommer wird noch ein Schwimmteich und ein Sickerteich für das Regenwasser gebaut.

Schon im April 2017 haben wir dann mit unserem Projekt angefange und es ab Frühling diesen Jahres intensiv fortgeführt.

Hier eine halbwegs chronologische Darstellung der Ereignisse (wird aktualisiert):

• April 2017 – Abtragen der Grasnarbe auf 800 qm und Aussaat einer regionalen Saatmischung (Blühende Landschaft) auf der halben Fläche
• April 2017 – Pflanzen von ca. 60 Sträuchern für die Wildsträucherhecke im Osten und Anlegen von 3 Totholzhaufen und einem Steinhaufen
• Mai 2017 – Pflanzen von Kartoffeln und Kohl zum weiteren Abmagern der zweiten Hälfte der zukünftigen Magerwiese
• September 2017 – Ernte der Kartoffeln und des Kohls und Einfräsen von ca 15 Tonnen Sand um noch weiter abzumagern
• Oktober 2017 – Pflanzen von gut 5000 Blumenzwiebeln im Bereich der Magerwiese und Bau einer kleinen Trockenmauer
• Oktober 2017 – Aussaat der Magerwiesenmischung
• November 2017 – Pflanzen von ca. 90 Sträuchern für die Wildsträucherhecke im Süden
• Dezember 2017 – Pflanzen von 14 Obstbäumen (überwiegend alte Sorten, zur Hälfte Hochstämme)
• Januar 2018 - Anlegen eines weiteren Totholzhaufens
• Februar 2018 – Noch ein Totholzhaufen (die Nachbarn schneiden alle ihre Bäume) und ein weiterer Steinhaufen
• April 2018 – Pflanzen von gut 80 Beerengehölzen und ein paar weiterer Weiden
• April 2018 – Beginn mit dem Obstbaumscheiben (Grasnarbe abtragen und Bepflanzen mit Beinwell, Erbsen, Taubnessel, Meerrettich, Fingerhut, Ackerbohne uvm.)
• April 2018 – Unterpflanzung der Wildsträucherhecke im Osten durch eine Kombination aus getopften Stauden und einer Waldsaum-Saatmischung
• April 2018 - Legen der Mulchkartoffeln auf einer Fläche, auf der Gras mit Karton (unbedruckt) abgedeckt und dick (ca. 40cm) mit Grasschnitt bedeckt wurde.
• Mai 2018 – Aufhängen von Wildbienennistkästen und Einquartieren des ersten Bienenschwarmes in der Bienenkiste
• Mai 2018 – Weiter „Bauen“ von Obstbaumscheiben
• Mai 2018 – Erste Mahd der Wege mit der Sense. Weiter Mulchen des geplanten Gemüsegartens
• Juni 2018 - Wir haben inzwischen sechs Obstbaumscheiben angelegt.
• Juli 2018 - Wir vergrößern einen unserer Lesesteinhaufen durch Steine aus dem Aushub des Hausbaus

Vorher- & Nachher-Bilder

Ausgangssituation: Fettwiese

Diese Wiese (ca 3500 qm) war eine typische überdüngte Fettwiese mit sehr geringer Artenvielfalt. Rechts im Bild sieht man alte Kirschbäume am Anfang der Blüte. Sie gehören zu weiteren 3000 qm des Grundstückes, das bereits eine hohe Vielfalt an Bäumen, Sträuchern und Kräutern enthält.

Aus der Luft

Man sieht auf diesem Luftbild die beiden Grundstücksteile (in gelb eingerahmt). Oben die ca. 3500 qm große Fettwiese und unten links der ca. 3000 qm große Teil mit altem Bestand (hier soll nichts geändert werden).

Aktions-Bilder

Anlage einer Magerwiese (ca. 800qm) - Abtragen der Grasnarbe

Die obersten ca. 20 cm der Fettwiese werden mit dem Minibagger und einem Dumper abgetragen. Hier hilft uns ein Freund, der deutlich besser mit dem Bagger umgehen kann als wir.

Anlage einer Magerwiese (ca. 800qm) - Abtransport der Grasnarbe

Die Grasnarbe wird auf dem Grundstück verbleiben und an einem Ort aufgeschüttet, wo später mal ein Gemüsebeet hinkommen soll. Den Dumper zu fahren macht auch durchaus Spaß und ist ziemlich einfach...

Anlage einer Magerwiese - Noch mehr Sand

Die eine Hälfte der Magerwiese haben wir ohne Sand einzuarbeiten nach dem Abtragen der obersten ca. 20 cm mit einer Regionalsaatmischung eingesät. Die andere Hälfte wurde über den Sommer mit Kartoffeln und Kohl weiter abgemagert und jetzt noch mit der Bodenfräse Sand eingearbeitet.

Im Herbst dann "nur noch" 5000 Blumezwiebeln

In die beiden Teile der neu angelegten Blumenwiese (Hälfte bereits im Frühjahr ausgesät) haben wir 5000 Blumenzwiebeln gepflanzt. Das hat v.a. bei Wind und Regen irgendwann gar nicht mehr so viel Spaß gemacht. Der zweites Teil der Magerwiese wurde danach noch als Herbstsaat ausgesät.

Die Streuobstwiese entsteht

Mit ein paar Freunden haben wir im November 14 große Obstbäume gepflanzt. Es sind fast nur alte Sorten und überwiegend Hochstämme. Ohne Minibagger gings hier nicht mehr.

Obstbaumscheiben

Um die Obstbäume herum entstehen jetzt seit dem Frühjahr Obstbaumscheiben. Das ist in Handarbeit am Hang durchaus eine mühsame Arbeit, denn auch hier muss erst einmal die Grasnarbe weg, dann Boden auflockern mit der Grabgabel, dann Beinwell, Taubnessel etc. pflanzen...

Ein Schotterweg mit Trockenmauer

Durch die Magerwiese soll ein angesäter Schotterweg führen, der durch eine niedrige Trockenmauer unterbrochen wird, die zum Ausruhen und Genießen einladen soll.

Eine Wildsträucherhecke

An der Ost- und Südseite des Grundstückes soll eine Wildsträucherhecke entstehen. Dafür haben wir schon mal die 120 Löcher vorbereitet.

Der Aushub wird genutzt...

Da parallel zur Gartengestaltung auch unser Hausbau stattfindet, wird hier viel Erde bewegt. Jetzt, Anfang Junli hat der Bagger einiges ausgehoben und am Wochenende entnehmen wir dem Haufen die Granitsteine und schleppen sie an den Rand unserer Magerwiese.

Ein Steinhaufen

Am Rand der Magerwiese haben wir die Steine dann zu einem ganz ordentlichen Lesesteinhaufen aufgeschüttet. Katharina hat gerade den vorerst letzten Stein abgelegt...

Die Mahd

Obwohl auf der Magerwiese so schön Natternkopf, Färberkamille, Johanneskraut, Schafgarbe, wilde Möhre und viele andere blühen, mähen wir etwa ein Drittel ab. Dieses Drittel wird dann dafür im Herbst nicht gemäht und bleibt als Überwinterungsort für Larven und Insekten stehen.

Nachher-Bilder

Die ersten Frühblüher sind da!

Wo vor einem Jahr nur Gräser standen, blühen jetzt die ersten Krokusse. Solange die Magerwiese noch nicht existiert, können sich Heuschrecken und Co. aber auf den übrigen, gut 2000qm Wiese verstecken, die wir über den Winter stehen gelassen haben.

Die ersten Bienen sind da!

Die Bienen finden zum ersten Mal seit Jahrzehnten auf dieser Fläche Nahrung. Und das schon Ende März. Nur 5 m von diesem Krokus entfernt bildet die erste Salweide Blütenknospen.

Die Obstbaumblüte

Jetzt im April stehen die neu gepflanzten Obstbäume voll in der Blüte.

Überblick im Frühjahr

Geradeaus sieht man einen Teil der angelegten Wildsträucherhecke. Sie ist vierreihig angelegt, wobei zwischen den äußeren und inneren zwei Reihen ein Weg verlaufen wird. Links neben der abgemulchten Fläche (wird später ein Gemüsegarten) sieht man Wildtulpen in der Magerwiese.

Die Magerwiese blüht immer mehr...

Noch sind es vor allem die verschiedenen Zwiebelblumen (im Vordergrund z.B. ein Allium), die blühen. Man erkennt aber zunehmend die Bildung der Rosetten am Boden wo vor wenigen Wochen nur karge Erde war.

Die Magerwiese Anfang Juni 2018

Natternkopf, Färberwau, Glockenblumen und Spitzwegerich blühen schon in unserer neu angelegten Magerwiese.

Aus der Luft Anfang Juni 2018

Übersichtsbild Anfang Juni. Dunkleres Grün ist hohes, dieses Jahr noch nicht gemähtes Gras. Die Wege und hellere Stellen zwischen den Obstbäumen wurden mit der Sense gemäht. In den nächsten Wochen wollen wir noch einen Sickerteich anlegen...

Flockenblume in der Magerwiese

Obwohl diese Flockenblume im Bereich steht, den wir eigentlich im Juni abgemäht haben, haben wir sie verschont. Sie ist einfach zu beliebt bei den Wildbienen und in unserer Wiese noch zu selten...

Baumscheibe

Die Baumscheiben haben wir ja erst im April bzw. Mai angelegt. Dennoch haben die Erbsen schon gut geblüht und sind teilweise schon abgeerntet (Fläche gemulcht). Der echte Dost bietet jetzt im Hochsommer eine gute Tracht... Nächstes Jahr werden die Bauscheiben hoffentlich das ganze Jahr über blühen.

Magerwiese im Juli

Mitte Juli. Vorne im Bild der Teil der Magerwiese, der sein erstes Jahr erlebt, dahinter (hinter dem Wildzaun, der zwei Jahre stehen bleiben soll) der Teil der Wiese, den wir schon im Frühjahr 2017 gesät haben.

Nachher-Bilder

Wir haben bisher insgesamt 6 Totholz- bzw. Reisighaufen angelegt. Zum Großteil kommt das Holz von den Nachbarn. Auf der Wiese gab es ja keines und aus dem Bereich, wo schon die alten Bäume stehen, nehmen wir nichts weg.

Eine Eidechse fühlt sich im Totholzhaufen sichtlich wohl. Die abgeholzte Thuja auf der sie sitzt, macht als Totholz jetzt endlich Sinn.

Bisher haben wir zwei Steinhaufen errichtet. Dieser hier ist am Rande der geplanten Magerwiese und wärmt sich über den Tag schön auf, da er vollsonnig gelegen ist.

Wenn auch etwas spät im Jahr, so haben wir uns Anfang Mai dazu entschieden Wildbienen-Nisthilfen aus Ton bzw. Pappröhrchen aufzustellen. Wir haben sie an den Stützen von zwei unserer neu gepflanzten Bäume angebracht. Sobald die Baumscheiben blühen wird es hier auch gute Blütenpflanzen geben.

Die Trockenmauer inmitten der geplanten Magerwiese ist fertig und mit verschiedenen heimischen Sedumarten bepflanzt.

Jetzt im Frühjahr sieht die Trockenmauer schon ganz gut aus. Auch im Bereich der Magerwiese sieht man einerseits die Reste der verblühten Zwiebelblumen, andererseits die immere dichtere Begrünung des Bodens mit Rosetten zweijähriger Pflanzen und ausdauernde Stauden.

Unsere Mulchkartoffeln werden uns hoffentlich im Spätsommer eine reiche Ernte bereiten. Bis dahin bietet die dicke Mulchschicht guten Unterschlupf für die Eidechsen (und etliche Spinnen und Insekten). Ein schöner Beweis, dass Mensch und Tier von den gleichen Strukturen profitieren können.

Die Bruchkanten an Trockenmauer und kleinem Hohlweg bieten diversen Bodennistenden Insektenarten Unterschlupf. Hier liegen teils natürlicherweise Löss, teils durch unsere Abmagerungsmaßnahmen Sand-Lehm-Mischungen vor.

Die Trockenmauer Ende Juli. Alles ist schön eingwachsen und es summt überall...