Bürgergarten Idstein – Begegnungsstätte für Kultur und Hortikultur

Im September 2017 hat die Stadt Idstein die Hälfte (ca. 1.000 qm) einer stark verdichteten und geschotterten Brache zur Verfügung gestellt, die seit Jahren keinerlei Nutzung erfahren hat. Der Boden ist nicht sonderlich tiefgründig, sondern ortsüblich in geringer Tiefe auf Faulstiefer treffend.

Das hat die ersten BürgergärtnerInnen nicht abgeschreckt, sondern eher angespornt, aus dieser ökologisch komplett wertlosen Fläche etwas Sinnvolles für Umwelt, Biodiversität, Saatguterhalt und Umweltbildung zu gestalten. Strukturell wird die Arbeit der BürgergärtnerInnen durch einen zwischenzeitlich gegründeten gemeinnützigen Verein, die Bürgergartengesellschaft e.V. (http://buergergartengesellschaft.de) unterstützt, der bereits über 20 Mitglieder hat. Mitgärntern kann allerdings jeder - unabhängig von einer Vereinsmitgliedschaft, denn es ist und bleibt ein Gemeinschaftsgarten für alle!

Die über den bitterkalten Winter gebauten 19 Hochbeete wurden am Ostersamstag 2018 ein erstes Mal eingesät, und seitdem wächst, blüht und gedeiht der Gemeinschaftsgarten nicht nur im Wortsinne. Bis Anfang Juli hatten wir bereits folgende Erfolge zu verzeichnen:

• Zwei Beuten mit Honigbienen aufgestellt (Betreuung durch 15-jährigen Jungimker / Bürgergärtner mit seinem Bienenpaten)
• Schmetterlings- und Bienenpflanzen auf einer Fläche von ca. 100 qm eingesät ... Ackersenf, Rotklee, Borretsch, Klatschmohn und Storchenschnabel sind jeden Tag heftig umsummt ;-)
• Küchenkräuter gesät und gezogen, die sich durch besondere Bienenfreundlichkeit auszeichnen (z.B. Schnittlauch)
• Randbepflanzung mit knapp 90 Gehölzen gesetzt, die alle nicht nur einheimisch sind, sondern sich durch besondere Bienenfreundlichkeit sowie als Vogelschutz- und -nährcharakter empfehlen (s. Pflanzliste)
• Wildbienenhotel und Insektenwand (auch für Florfliegen, Schmetterlinge etc.) errichtet. Die ersten Nisthilfen waren innerhalb von nur 24 Stunden belegt und, mittlerweile sind "fast alle Zimmer" besetzt.
• Bepflanzung des Rahmens der Insektenwand mit Clematis vitalba
• Bodenbeete mit Bienenweiden wie Blütensalbei, Fetthenne, Natternkopf und Lavendel/Schopflavendel angelegt
• Eine Gartenrallye konzipiert und mit 10 - 12-jährigen Schulkindern erfolgreich durchgeführt. Hierbei steht im Zentrum, die Kinder immer wieder darauf zurückzuführen, daß all die leckeren Dinge auf unserem Teller ohne Bestäuber nicht für uns zur Verfügung stünden. Die Gartenrallye ist mittlerweile für jeden Gartenbesucher durchführbar - und hat uns schon viele spannende Gespräche über Wildbienen geschenkt... und vielen kleinen und großen Besuchern viel Respekt und Staunen über Bienen abgenötigt.
• Besuch einer örtlichen Imkerin mit Schauvolk, Schaubeute, wilden Waben und Wildhonig zum Gartengespräch und -vortrag

All diese Aktivitäten führen wir "unter den Augen der Öffentlichkeit" durch, wobei wir proaktiv auf womöglich interessierte Passanten zugehen und jeden Gartentag zu einem spontanen Umweltbildungstag machen. Bereits nach guten 2 Monaten ist der Bürgergarten von etlichen Idsteinern als Anlaufstelle für Gartengespräche, Tipps und Ratschläge anerkannt. Diese gute Entwicklung unterstützen wir durch gezielte Veranstaltungen und Aktionen (vrgl. http://buergergartengesellschaft.de/termine/), durch die Zusammenarbeit mit örtlichen Schulen und Kindergärten sowie mit dem BUND und dem NABU vor Ort.

So tragen wir das Wissen um die Wichtigkeit des Erhalts von Biodiversität, Naturschutz und Förderung von Wildbienen und anderen Bestäubern weit über den Bürgergarten und die dort engagierten BürgergärtnerInnen hinaus in die Stadt und die Region.

Vorher- & Nachher-Bilder

Stadtgrün statt grau

Eine zentral gelegene geschotterte und verdichtete Fläche auf Faulschieferuntergrund lag jahrelang in der Stadt Idstein brach, bis sich die Initiatorinnen des Bürgergartens Idstein mit ersten MitstreiterInnen aufgemacht haben, die ökologisch komplett wertlose Fläche aufzuwerten.

Rahmengebend

Damit schon im ersten Frühjahr des Bürgergartens Idstein möglichst viele Bienenweiden für die zwei Honigbienenvölker sowie für Wildbienen zur Verfügung stehen, ist bereits im Herbst die Randbepflanzung eingebracht worden. Im Mai 2018 stehen Sambucus nigra und Viburnum opulus in schönster Blüte.

Warm werden für unser Ziel

Auch bei zum Teil deutlichen Minustemperaturen brennen die BürgergärtnerInnen ausreichend stark für das gemeinsame Ziel, als daß jeden Samstag gemeinsam die Hochbeete gebaut werden, die möglichst frühzeitig im Frühjahr 2018 eingesät und bepflanzt werden sollen.

Generationen-übergreifend, Hand in Hand

Damit für den Bienenfrühling alles rechtzeitig fertig ist, wurde den gesamten Winter und im zeitigen Frühjahr, dem Wetter zum Trotz, bießenfleißig gewerkelt. Wir sind soweit: Hochbeete, Bienen- und Tomatenunterstand stehen schon. Tiere und Pflanzen können also einziehen!

Den Rest erledigt die Natur

Die Beete sind fertig und mit den Substratschichten versehen. Wir wissen auch schon, was wir eingesät haben - aber zu sehen ist noch recht wenig. Dennoch ist das Interesse der Gartengäste bereits erfreulich hoch. Gelegenheit, Gespräche über bienenfreundliche Pflanzen und Gartenstrukturen zu führen!

Aktions-Bilder

Erste Kontrolle der neuen Beuten

Unser 15-jähriger Jungimker sichtet die zwei Beuten zum ersten Mal im Bürgergarten, ihrer neuen Heimat und "Sammelstelle"

Immenfleißig

Schon nach 36 Stunden haben sich die Völker neu orientiert und fliegen fleißig die Blühfläche an, die sozusagen in ihrem Vorgarten angelegt wurde.

Tier, Pflanze und Mensch - ein Kreislauf

Da alte und seltene Kartoffelsorten nicht nur uns Menschen schmecken (auch wenn wir viele dieser Sorten leider schon fast in Vergessenheit geraten sind), sondern die Blüten auch wunderbare Hummelweiden sind, haben wir etliche Kartoffelkisten im Bürgergarten verteilt.

Vorsicht - Stichgefahr

Im blühenden Schnittlauch summt's und brummt's heftig - da muß man schon aufpassen, ehe man eine der leckeren Blüten für den menschlichen Verzehr pflückt ;-)

Unser Rotkleefeld ist offenbar Bienenschlaraffenland

Wenn man sich dem Rotkleefeld auf einige Schritte nähert, hört man schon das tiefe Brummen der Hummeln und das etwas höhere der anderen Wildbienen und Honigbienen.

Tomatenbestäuber Nr. 1: Die Hummel

Die ersten winzig kleinen Blütenknospen finden sich an unseren über 70 Tomatenpflanzen. Wir rechnen mit toller Ernte, da es jede Menge Tomatenbestäubungsprofis (lies: Hummeln) im Bürgergarten gibt.

Boden - Die natürlichste Nisthilfe

Unsere Randbepflanzung wird seit Mai auf den 40m ihrer Längsseite nicht mehr gehackt, da jede Menge Wildbienen (z.B. Sandbiene, Furchenbiene) eifrig und sehr gezielt Pollen eingetragen und Brutzellen angelegt haben. So konnte der Klatschmohn aufkommen, der ein echter Hummelmagnet ist.

Die Weichlinge ins Töpfchen ...

Was vor den Eisheiligen noch nicht nach draußen sollte, wird erstmal in Eierkartons gesät und im Gewächshaus vorgezogen. So ist gewährleistet, daß möglichst viel Saatgut aufgeht (und wir nicht nachsäen müssen, wenn die Bienen eigentlich schon Blüten besuchen wollen).

Geht's dem Radieschen gut, freut sich der Mensch

Wir müssen so einiges bei der Befüllung der Hochbeete und der Aussaat und Pflege der Radieschen richtig gemacht haben. Die Demeter-Sorte "Marike" fühlt sich jedenfalls ausgesprochen wohl bei uns und belohnt uns mit tollem Wachstum...

Aus der Not eine Tugend machen

Unser Gartengelände liegt auf einem stark verdichteten Untergrund mit Schotterauflage. Nicht gerade naheliegend, es zu einem Garten zu gestalten. Aber wir haben aus der Not eine Tugend gemacht, indem wir die ortsüblichen Faulschieferbruchsteine für unsere Trockenmauer-Kräuterspirale nutzen.

Von Imkern lernen

Eine örtliche Imkerin unterstützt uns bei der Umweltbildung, indem sie bei einer Gartenveranstaltung mitreißend und anschaulich nicht nur von Honig-, sondern v.a.auch von der schwierigen Situation der Wildbienen berichtet.

Auch Liebe zur Biene geht durch den Magen

Wer den Honig aus wilden Waben gekostet hat, der vergißt die begeisternden Ausführungen von Imkerin Petra Hoffmann nicht mehr so schnell. Und nimmt auch gleich noch einige unserer Samenbomben und unser selbstgezogenes ökologisches Saatgut für Bienenweiden mit.

Bienenhelfer zur Saatgutgewinnung

Daß wir von unseren Brassicaceae wie etwa den Radieschen ökologisches Saatgut gewinnen, gefällt den Wild- und Honigbienen natürlich sehr gut. Im Hochbeet, in dem wir auf 2qm Raphanus sativus dicht an dicht üppig wuchernd ausblühen lassen, summt es laut und vernehmlich zu jeder Tageszeit.

Genau

"Genau" - ein Wort, das aktuell dauernd von allen im Munde geführt wird. Der Bürgergarten verführt zu Genauigkeit: zum genauen Hinsehen. Nur so lassen sich die Wunder der Tier- und Pflanzenwelt erkunden. Der regelhafte Zeichenunterricht Ingo Bürgers im Bürgergarten (sic) schult das staunende Auge.

Die Kinder erreichen

Was man beim genauen Hinsehen lernen kann, begeistert auch die kleinsten Bürgergärtner. Ihnen die Liebe zur Zeit im Garten, zu den Pflanzen und zu den bestäubenden Insekten mitzugeben, ist unsere wichtigste Aufgabe; denn bienenliebende Kinder von heute sind die Bienenschützer von morgen!

Nachher-Bilder

Die Natur als Helfer

Unsere Tomaten haben einen Unterstand direkt am Rotkleefeld bekommen, damit ihre Blätter nicht naß werden und sie sogut vor Blattfäule geschützt sind. Außerdem können wir über die Dachfläche Regenwasser sammeln. Das schont die Trinkwasservorräte und außerdem besser für das Pflanzenwachstum-

Pflanzenbörse ab dem ersten Monat

Schon seit April geben wir GartenbesucherInnen bienenfreundliche Pflanzen ab und erhalten umgekehrt solche, die unseren Garten noch bienenfreundlicher machen. So wird, quasi, der Kreislauf der Natur gespiegelt. Und vor allem werden immer mehr GartenbesucherInnen von Bienenleidenschaft infiziert.

Erntedank im Frühling

Die allererten Beeternten (Spinat, Radieschen, Schnittlauch & Schnittlauchblüten, Kresse) werden an unsere fleißigen Helfer beim Bau der Insektenwand verkostet. So ißt JEDES Kind Spinat!

Monat 2: Kultur und Hortikultur

Nur 2 Monate nach der ersten Aussaat ist der Bürgergarten bereit für seine erste Veranstaltung nach dem Motto "Kultur und Hortikultur". Über 70 kleine und große Gartengäste haben mit Feuereifer die Insektenwand mitgebaut. Und sich mit viel Spaß in der Natur mit der Natur auseinandergesetzt.

Sonnengruß

Schon am Eingang werden Gartengäste inzwischen freundlich-sommerlich von Helianthus angestrahlt. Das lädt zum Eintreten, Austauschen und Mitgärtnern ein.

Ende Juni - Kein Problem für Bürgergarten-Bienen

Ende Juni, Anfang Juli - oft der Zeitpunkt, an dem das Nektar- und Pollenangebot massiv zurück geht und nicht mehr für alle Wild- und Honigbienen ausreicht. Nicht so im Bürgergarten, wo nicht nur der verstreut gepflanzte Borretsch weiter als Top-Bienenweide fungiert.

Aktive Umweltbildung für Klein und Groß

Im Juni haben wir die Schul-Projektwochen-Gruppe "Essen in Hessen" mit auf eine Gartenrallye genommen, bei der auch Wild- und Honigbienen eine wichtige Rolle spielten. Die Kinder haben erkannt, warum bestäubende Insekten so wichtig sind. Die Gartenrallye können inzwischen alle Besucher durchführen.

What a difference half a year makes

Was im November 2017 noch eine öde und tote Fläche war, üppt inzwischen vor sich hin - es summt, brummt, grünt und blüht. Und die Bienen haben unsere Pflanzen zur Saatgutgewinnunghaben sicherlich eifrig bestäubt. Unterirdisch ist unser Gemüse auch trotz der Dürre prächtig gewachsen, wie man sieht.

Gemeinsam für mehr Bienenweiden

Während der Imkerei-Schauveranstaltung im Bürgergarten haben wir jede Menge Saatbomben mit nektarreichen Wildblumen verkaufen können, da die BesucherInnen begriffen haben, mit wie wenig Aufwand jede/r von uns "was für Bienen tun" kann.

Wer viel arbeitet, soll auch mal feiern

Der kalendarische Sommer hatte zwar gerade erst begonnen, aber meteorologisch und botanisch waren wir ja schon mindestens im August, quasi in den Hundstagen. Da setzen sich BürgergärtnerInnen auch mal zum lauschig-sommerlichen Dämmerpicknick zusammen und freuen sich an ihrem Werk.

Nachher-Bilder

Am 19. Mai haben wir - in einer Umweltbildungsveranstaltung für Kinder - eine Insektenwand gebaut, die natürlich auch Totholz, Miniaturtrockenmauern und Lehm enthält. Am 21. Mai, keine 36 Stunden später, waren bereits über 20 Nistbohrungen gut besucht bzw. schon bestückt und verschlossen :-)

Wir haben zwei Insektentränken ausgebracht - an den beiden Schmalseiten der Blühfläche. Beide sind mit verschieden hohen Steinen als Ruheflächen ausgestattet. Nicht nur Wildbienen und Schmetterlinge nehmen diese Tränken gut an, sondern auch Libellen vom nahegelegenen Fließgewässer sowie Hornissen.

Ende Juni haben wir mit dem Bau einer Kräuterspirale begonnen, die nicht nur mit bienenfreundlichen Küchenkräutern bepflanzt werden wird, sondern auch weiteren Lebensraum für Bienen (und andere Insekten) bietet: Wir bauen aus örtlichem Faulschiefer als Trockenmauer-Spirale!

Erstens kommt es anders... Eigentlich sollte es ja "nur" ein Fahrradständer werden, schon, um das ökologische Verhalten der Gartenbesucher zu unterstützen. Wir konnten aber beobachten, wie Wildbienen zwischenzeitlich auch unter die Rinde krochen und vermutlich im Baumstamm nisten. Umso besser!

Hinter dem Tomatenstand, in direkter Flugbahn der Honigbienenvölker, haben wir einen Wildblumenstreifen angelegt, der über den Sommer frei von allen Eingriffen gehalten wird (es wird auch nicht darin herumgelaufen). Den Wildblumen bekommt das gut, trotz Trockenheit seit 1.5 Monaten.

Dieses abschließende Foto aus unserem Grüne-Soße-Beet steht exemplarisch für die uns täglich erfreuenden Bienen, die all das gut annehmen, was wir für sie bislang getan haben. Und wir haben noch viele weitere Ideen, die wir umsetzen werden. Denn: Wir tun was für Bienen - und zwar gerne! :-)